Rechtliches Update | Take Action: Fordere den Bürgermeister Ludwig auf, die SLAPP gegen den Menschenrechtsaktivisten für Palästinenser:innen einzustellen!

BDS-Aktivist:innen protestieren gegen die SLAPP-Klage der Stadt Wien vor dem Wiener Rathaus am 15.03.2022.

Im November 2021 reichte die Stadt Wien eine SLAPP-Klage (strategische Klage gegen die Öffentlichkeitsbeteiligung) gegen einen BDS-Aktivisten ein, um BDS-Austria und die Verfechter:innen palästinensischer Rechte gezielt zu unterdrücken und einzuschüchtern. Eine solche Taktik bedroht demokratische Werte und Grundrechte.

Zwei Monate lang nach der Verhandlung warteten wir auf ein Urteil des Handelsgerichts Wien. Verzögerte Gerichtsentscheidungen sind bei SLAPPs häufig zu beobachten und dienen der Einschüchterung der Aktivist:innen. Wir bei BDS Austria lassen uns jedoch nicht zum Schweigen bringen und sind entschlossen, die israelische Apartheid anzuprangern.

Am 06. April 2022 hat das Handelsgericht Wien die SLAPP-Klage bewilligt und sich gegen den BDS-Aktivisten entschieden. Wir werden gegen diese Entscheidung Berufung einlegen.

BDS-Aktivist:innen protestieren vor dem Wiener Handelsgericht während der letzten Gerichtsverhandlung am 28.01.2022.

Der Richter ordnete an, dass BDS-Aktivist:innen das Logo der Stadt Wien nicht mehr im Zusammenhang mit Veröffentlichungen oder öffentlichen Erklärungen verwenden dürfen, um zu vermeiden, dass letztere als von der Stadt herausgegeben interpretiert werden könnten. Das Gericht verbot die Verwendung des Logos der Stadt, obwohl in keiner Weise nachgewiesen wurde, dass der Aktivist dies jemals getan hatte.

Die Stadt verklagte den Aktivisten wegen der Veröffentlichung eines sarkastischen Social-Media-Posts, der ein Bild des berühmten „Visit Apartheid“-Plakats enthielt, das an einer Plakatwand mit dem offiziellen Logo der Stadt Wien angebracht war. Die Stadt behauptet, dass die BDS-Bewegung „antisemitische Ansichten“ vertritt und „zum Hass gegen das israelische Volk aufruft“. Dementsprechend behauptete sie, dass die öffentliche Verbindung mit BDS und mit der Bezeichnung der Situation in Israel/Palästina als „Apartheid“ zu einer Schädigung [ihres] Rufs führt“ und dass dies daher eine Verleumdung darstellt.

Die Entscheidung des Wiener Gerichts weicht erheblich von früheren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ab, insbesondere von seinem Urteil in der Rechtssache Baldassi und andere gegen Frankreich, sowie von der sich abzeichnenden Rechtsprechung in Deutschland, die alle die Legitimität der von der palästinensischen Zivilgesellschaft geführten BDS-Bewegung bestätigen.

Die Entscheidung des Gerichts ist aus den folgenden Gründen äußerst problematisch:

  1. Das Gericht stützte seine Argumentation ausschließlich auf die Dokumente der Stadt, während es die 22 im Namen des BDS-Aktivisten vorgelegten Beweisstücke, darunter auch Rechtsgutachten renommierter internationaler und israelischer Wissenschaftler:innen, außer Acht ließ.

  2. Das Gericht ignorierte auch, dass die Existenz eines israelischen Apartheidsystems, das das palästinensische Volk unterdrückt, eine Tatsache ist, die von führenden Menschenrechtsorganisationen und UN-Experten, darunter Amnesty International, Human Rights Watch, B’tselem und dem UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten, akribisch dokumentiert wurde.

  3. Aus unserem Social-Media-Posting ging eindeutig hervor, dass das Apartheid-Plakat weder von der Stadt stammte noch die Ansichten der Stadt zum Ausdruck brachte. Das Posting war keine Tatsachenbehauptung, sondern vielmehr satirischer Humor, der aus dem Zusammenhang gerissen und dazu benutzt wurde, den Einsatz für die Rechte der Palästinenser:innen zum Schweigen zu bringen.

Der BDS-Aktivist wird gegen die Entscheidung Berufung einlegen und ist bereit, gegebenenfalls vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen, um sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geltend zu machen, das in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist.

Die Anwältin des Aktivisten, Elisabetta Folliero, sagte zu den nächsten Schritten:

„Mein Mandant möchte das Berufungsverfahren fortsetzen, das für die Verteidigung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung entscheidend ist. Die von der Stadt geforderte finanzielle Entschädigung und die Kosten des Gerichtsverfahrens, die mein Mandant zahlen muss, wenn das Berufungsgericht dieses umstrittene Urteil bestätigt, haben bereits eine abschreckende Wirkung auf die Unterstützung der Rechte der Palästinenser:innen in Österreich. Aus diesem Grund bitten wir um Solidarität, auch in Form von Spenden, die unseren Aufruf unterstützen werden.“

 

Es ist an der Zeit, den Druck zu verstärken und der Stadt Wien zu zeigen, dass sie rechtmäßigen und legitimen Aktivismus nicht länger zum Schweigen bringen kann!

🔗 Schicken Sie hier ein E-Mail an den Bürgermeister von Wien und fordern Sie ihn auf, diese undemokratische Klage zu beenden!

 

Hier ist der Inhalt des E-Mails, die an den Wiener Bürgermeister geschickt wird:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Ludwig!

Ich wende mich an Sie, um gegen die jüngste Einschüchterungsklage der Stadt Wien gegen Wiener AktivistInnen der weltweiten, palästinensischen, gewaltfreien Menschenrechtskampagne BDS zu protestieren und Sie gleichzeitig zu bitten, sich persönlich dafür einzusetzen, dass diese Klage von der Stadt Wien umgehend eingestellt wird. Die Klage der Stadt Wien gegen den Impressumsinhaber von BDS Austria wegen eines Facebook-Postings kann nicht anders bewertet werden, als ein massiver Einschüchterungsversuch der Stadt Wien gegen zivilgesellschaftliches Engagement. Gegenständlich klagt die Stadt Wien, weil sie ein Social-Media-Posting eines Fotos (!) eines Plakates mit der Aufschrift „Visit Apartheid“ im Kontext der israelischen Besatzung, völkerrechtswidrigen Annexionen und Implementierung eines Apartheidsystems (siehe auch den jüngsten Amnesty International Report dazu) mit einem Logo der Stadt Wien und einem sarkastischen Kommentar dazu als Rechtsverletzung sieht. BDS ist eine von der palästinensischen Zivilgesellschaft, nach dem Vorbild der Antiapartheidsbewegung gegen Südafrika ins Leben gerufene Menschenrechts-Kampagne und es ist völlig legitim sich für Boykott, Desinvestition und Sanktionen gegen Besatzungsregime einzusetzen!Der Klagegrund selbst ist absurd.

Die Stadt Wien steht zurecht bereits wegen der SLAPP-Klagedrohung gegen Lobau-AktivistInnen im Kreuzfeuer der Kritik; denn sogenannte SLAPPs (‚Strategic Lawsuits against Public Participation‘) sind eindeutig rechtsmissbräuchliche Klagen mit dem Zweck, z.B. kritisches, zivilgesellschaftliches Engagement zu unterbinden. Das Ziel der Kläger ist es nicht primär, zu gewinnen, sondern KritikerInnen einzuschüchtern und finanziell ausbluten zu lassen.

Dieser jüngste Versuch der Stadt Wien reiht sich ein in die seit Jahren laufende Praxis des Silencing („Mundtot-Machens“) gegen palästinensische und palästina-solidarische Stimmen: Von völlig aus der Luft gegriffenen Diffamierungen und konstruierten Vorwürfen bis hin zu undemokratischen Gemeinderats- und Nationalratsbeschlüssen explizit gegen die weltweite, gewaltfreie BDS-Kampagne. Die nun aktuelle Klage der Stadt Wien will das Löschen eines Facebook-Postings und eine Schadensersatz-Zahlung in vielstelligen Bereich (mit der einschüchternden Wirkung hoher Gerichts- und Anwaltskosten) gegen die lokale BDS-Kampagne erwirken.

Ich fordere Sie dringend auf diese willkürlichen Beschränkungen und die Kriminalisierung friedlicher Interessenvertretung und humanitärer Arbeit zu beenden und sich persönlich für die Einstellung seitens der Stadt Wien einzusetzen.

Gerade in Krisen- und Umbruchszeiten ist eine besonnene, klare und eindeutig an verfassungs- und menschenrechtlichen Grundsätzen orientierte Führung wichtig.

Freundliche Grüße,

[Dein Name]

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